Schlüsselmomente Ahnenforschung oder: Wie ich süchtig wurde

Dies ist mein Beitrag zur Blogparade Schlüsselmomente Ahnenforschungdie von den Ahnenforschern von Der Archivbegleiter gestartet wurde. Hierbei geht es um Schlüsselerlebnisse, die jemanden dazu gebracht haben, mit der Ahnenforschung anzufangen. 


Begeisterung in Etappen

Also, wie bin ich zur Ahnenforschung gekommen? Da mußte ich doch schon genauer nachgrübeln. DEN einen Schlüsselmoment gab es bei mir nämlich eigentlich nicht, und auch zeitlich kann ich den Beginn nicht genau festmachen.

Schon von klein auf habe ich mich für geschichtliche Themen begeistert, am liebsten alte Filme und Bilder angeschaut und von historischen Ereignissen gehört und gelesen – auch die aus der Familie. Allerdings habe ich es leider versäumt, alle meine Großeltern zu Lebzeiten zu befragen – was ich heute übrigens überaus schade finde. Denn sie starben alle, als ich noch ein Kind war, nur beim Tod meiner Oma mütterlicherseits war ich mit 17 Jahren schon etwas älter. Ich wußte jedoch, daß bei uns in der Familie geographisch alles recht verstreut war.

Im September 1994 war ich zu Besuch in St. Petersburg und habe bei der Gelegenheit versucht, anhand der Beschreibung meines Vaters und einer herumgeisternden Adresse das Wohnhaus mit Ladengeschäft ausfindig zu machen, das meine Ururgroßmutter Agnes Skron geb. Peto um 1900 bewohnt haben soll. An eine Adreßrecherche im Internet war natürlich noch nicht zu denken! Und so glaubte ich schließlich, dasjenige welche Haus gefunden zu haben, und machte Fotos. Leider gab es Probleme mit dem Film, und so bleibt mir erst einmal nichts außer der Erinnerung an ein paar skurrile Tage in einer chaotischen Stadt wenige Jahre nach dem Ende der Sowjetunion.

Detektivarbeit vor Ort

Im März 1998 war ich dann das erste Mal in Tallinn in Estland, wo meine Großmutter väterlicherseits als Jugendliche und junge Erwachsene von 1917 bis 1930 gelebt hat. Damals wußte ich zwar um die familiäre Verbindung dorthin, habe mich aber nicht tiefergehend damit beschäftigt. Erst ziemlich genau 10 Jahre später habe ich dann angefangen, mich intensiv mit meinem estnischen Familienzweig zu beschäftigen. Jedenfalls erinnere ich mich, daß ich irgendwann mal eine Art Abhandlung mit Ahnentafel zu meinen Familienzweig Kruse in die Hände bekommen hatte. Diese hatte ein Rudolf Lemm – dem ich (bisher) kein verwandtschaftliches Verhältnis irgendeiner Art nachweisen kann – angefertigt und mit Tallinn (Reval), Jan./Feb. 1939 datiert.

Vorfahrenliste Kruse Estland Estonia Metzeboe Rauksti | Ahnensuche Ahnenforschung | Schlüsselmomente Ahnenforschung

Vorfahrenliste Kruse | Foto: Anja Klein

Ich war fasziniert! Was für ein Glücksfall. Mit dieser genealogischen Abhandlung hatte ich schlagartig so viele, nun auch nicht mehr namenlose Vorfahren auf dem Tisch, daß ich mich begeistert daran machte, die angegebenen Quellen zu recherchieren und die Daten zu belegen.

Das muß die Intitialzündung gewesen sein, es wirklich systematisch anzugehen! (Und ja, wenn ich mir so meine elektronische Datensammlung anschaue, haben die ersten Dateien aus dieser Forschungsphase tatsächlich das Speicherjahr 2008.)

 

Estland machte es mir zum Glück leicht (Danke, Estland!). Die Ambitionen dieses kleinen und noch jungen Landes, sämtliche nationalen Quellen zu digitalisieren und der Allgemeinheit kostenfrei zur Verfügung zu stellen, ermöglich(t)en es mir, mich auf die elektronische Reise in frühere Jahrhunderte zu begeben.

So tauchte ich ein in die Welt der baltischen Gutshäuser, Kirchspiele und Wackenbücher. Und dann war es passiert: ich war regelrecht süchtig geworden, immer mehr herauszufinden. Welcher Ahnenforscher kennt das nicht?!

 

Schritt in die Öffentlichkeit

Die Jahre danach habe ich damit verbracht, alle Erkenntnisse Stück für Stück in einschlägigen Netzwerken wie Ancestry, Geneanet, Geni und MyHeritage (halb-)öffentlich einzutragen und mich in Ahnenforscher-Foren und Mailinglisten rumzutreiben.

Autobiographie von Fritz Weynen - Ahnenforschung Köln Koblenz Italien - Schlüsselmomente Ahnenforschung

Autobiographie von Fritz Weynen | Foto: Anja Klein

2012 oder 2013 hat mir dann ganz unerwartet meine Großcousine Katrin ein gebundenes, etwas über A4 großes Buch mit den Worten „Wir können das nicht lesen, mach Du was draus“ in die Hand gedrückt: die (Kopie der) Lebenserinnerungen meines Ururgroßvaters Fritz Weynen aus Köln, von ihm selbst handschriftlich niedergeschrieben. Und in der Tat sind es 175 eng in deutscher Schreibschrift beschriebene und recht schwierig lesbare Seiten, auf denen nur Eigennamen von Orten und Personen in lateinischer Schrift hervorstachen. Ich hangelte mich also erst einmal an den Eigennamen quer durch das Buch – und war begeistert! Revolution 1848/49, Barrikadenkämpfe in Köln und Gefechte in Rastatt, Soldatenleben in Neapel und Sizilien sowie unzählige weitere Abenteuer. Eine veritable Europatournee über viele Jahre!

Die Lektüre sorgt(e) für Glückshormone pur, und in mir entstand so die Idee, diese faszinierende Autobiographie und auch meine weitere Forschung dazu öffentlich zu machen. Seit mittlerweile einigen Jahren arbeite ich immer wieder einmal weiter an der Transkription und Digitalisierung des Textes und habe inzwischen die nicht ganz abwegige Hoffnung, das sicher auch für andere Ahnenforscher und Historiker relevante Werk im Laufe des Winters 2017/2018 veröffentlichen zu können.

Aber natürlich gibt es auch noch weitere Familienzweige, die auf Erforschung warten. Von dieser Sucht kommt man nicht mehr los. Langweilig wird es also nie!

 


Nun würde mich interessieren: Was war Dein Schlüsselmoment, um mit der Ahnenforschung zu beginnen? Oder möchtest Du erst anfangen?

Teile Deine Geschichte mit uns – hier unten im Kommentarbereich oder auf der Facebook-Seite von Welt der Vorfahren.

 


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