Ahnenforschung in Berlin: Melderegister und Adressbücher als ergiebige Quellen
Mit der Zeit haben sich immer mehr direkte Vorfahren von mir, aber auch tatsächlich Personen/Verwandte aus Seitenzweigen „angesammelt“, die es irgendwann in den letzten 120 Jahren nach Berlin verschlagen hatte – und das sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits.
Aus diesem Grund hatte ich mir – auch als gebürtige Berlinerin – mal den Rechercheschwerpunkt „Berlin“ vorgenommen – das hatte ich doch tatsächlich bisher etwas vernachlässigt. Da ich für fast alle diese Personen, die mal in Berlin lebten, bereits die zentralen Dokumente für Geburt, Heirat und Tod habe, wollte ich mein Wissen darüber hinaus erweitern.
Dafür habe ich mich auf folgende Ressourcen konzentriert:
- Adreßbücher und Telefonbücher von Berlin aus den Jahren von ca. 1905 bis heute
- Melderegister und die Historische Berliner Meldekartei
- Sammelakten zu den standesamtlich erfaßten Ereignissen (Geburt, Heirat, Scheidung, Tod)
In diesem Beitrag (Punkte 1 und 2) und einem folgenden zweiten Teil (Punkt 3) gehe ich näher auf die einzelnen Recherchebereiche ein und zeige, wie ich bei der Recherche vorgegangen bin und was ich gefunden habe:
1. Adressbücher und Telefonbücher von Berlin online
Historische Adreßbücher und auch die später aufgekommenen Telefonbücher sind für große Zeiträume (1707 bis 1991) digitalisiert und online zugänglich. Insbesondere die Digitale Landesbibliothek Berlin (ZLB) hat dahingehend hervorragende Arbeit geleistet.
Als Einstieg empfiehlt sich dafür die Übersichtsseite der ZLB mit dem Titel Berliner Adress-, Telefon- und Branchenbücher 1707 – 1991/1992.
Berlin ist nicht gleich Berlin
Da in Berlin in seiner heutigen Größe erst 1920 durch das Groß-Berlin-Gesetz entstanden ist, waren viele Stadtteile eigentlich ehemals Nachbargemeinden bzw. -städte des ursprünglichen Berlin (Alt-Berlin), so z.B. Schöneberg, Tegel oder Mahlsdorf. Sie gaben größtenteils eigene Adreßbücher heraus, die in einer Übersicht der ZLB zu finden sind.
Hinweise zur Recherche in den digitalisierten Adreßbüchern der ZLB finden sich auf der Seite Hinweise zur Nutzung der Berliner Adressbücher (1799-1943).
Auch im GenWiki des Vereins für Computergenealogie findet sich eine umfangreiche Übersicht zu Berliner Adressbüchern.
Straßen finden mit historischen Stadtplänen
Auf dem fantastischen Kartenportal HistoMap kann man dann übrigens eine grundstücksgenaue Recherche für die Adressen in Berlin auf historischen Karten von 1910 bis 2013 machen und sich eine gewünschte Anschrift für verschiedene Jahre visualisieren lassen. Hintergründe zu Berliner Straßen finden sich im Berliner Straßenlexikon und in den historischen Berliner Straßenverzeichnissen.
Ich habe das Stadtplan-Portal mal mit der Adresse von Ella Ruffer geb. Skron, der Schwester meiner Uroma, ausprobiert: Wexstraße 60 in Berlin-Schöneberg. Denn in der Familie wurde immer erzählt, daß das Haus, wo sie zeitweise zusammen mit meiner Uroma wohnte, wohl im Zweiten Weltkrieg ausgebombt wurde, und dort heute die Berliner Stadtautobahn A 100 verläuft. Das wollte ich schon immer mal wissen.
Mit HistoMap konnte ich nun zwei Stadtplanebenen aus verschiedenen Jahren – heute und 1937 – übereinanderblenden. Und ja, es stimmt: Heute ist auf dem Grundstück tatsächlich ein Parkplatz direkt an der Stadtautobahn. Von der ursprünglichen Wohnbebauung ist leider keine Spur mehr zu sehen.
2. Melderegisterdaten Berlin
Einwohnermeldedaten sind eine spannende Quelle für Ahnenforscher, die ich bisher ziemlich vernachlässigt hatte. Auch wenn Adressbücher üblicherweise auf Basis dieser Quellen erstellt werden, so sind doch die Primärdaten direkt von den Meldebehörden auch eine interessante Sache, die gelegentlich noch viel mehr Daten enthalten. So kann man zum Beispiel ggfs. auch Informationen zu Verwandtschaftsverhältnissen oder dem Personenstand daraus gewinnen.
Als Anlaufstellen für Melderegisterdaten kommen – je nach gesuchtem Zeitraum – verschiedene in Frage, je nachdem für welchen Zeitraum gesucht wird.
- 1874 bis 1960: Historische Berliner Meldekartei / Einwohnermeldekartei (EMK)
- Ab 1960: Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO)
- Einwohner länger als 55 Jahre verzogen oder verstorben: melderechtlich nicht zulässig, aber Auskunft nach Archivrecht möglich – Melderegisterauskunft aus dem Archiv
- Person maximal 55 Jahre oder kürzer und länger als 5 Jahre verzogen oder verstorben: Auskunft aus dem gesonderten Datenbestand gemäß § 13 Abs. 2 BMG
- Einwohner nicht länger als 5 Jahre verzogen oder verstorben: Auskunft aus dem aktuellen Einwohnerdatenbestand
Die Historische Meldekartei Berlin
Die Historische Meldekartei liegt im Landesarchiv Berlin und kann dort per formloser Anfrage abgefragt werden. Sie ist nicht online zugänglich, und kann auch nicht selbst vor Ort eingesehen werden.
Ein paar Eckdaten zur Einwohnermeldekartei Berlin:
- im Deutschen Reich behördliche Erfassung von Wohnadressen seit 1874
- 1943 zum Schutz vor Bombenzerstörungen ausgelagert – Altkartei gilt als verschollen
- Neuerstellung der Kartei in Form von Hauslisten – blieb 1948 in Ostberlin
- erneut Neuerstellung in West-Berlin aus allen vorhandenen Karteiquellen
- Rund 2,8 Millionen Meldekarten mit Daten
- der Bewohner West-Berlins von 1945 bis 1960 (verzogen oder verstorben bis 31.12.1960)
- der Bewohner Ostberlins bis Mai 1945 bzw. teils bis 1949
- in geringem Umfang aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg
- von Polizeistellen auf vorgedruckten Karteikarten erfaßt
- zentrale Kartei im Polizeipräsidium geführt
- leider sehr lückenhaft
Wie ist die Meldekartei aufgebaut:
- je eine Karte für den jeweiligen ‚Haushaltsvorstand‘
- Erfassung von Ehefrau und eventueller Kinder
- eigene Karten für
- verheiratet gewesene Personen (Witwen oder Geschiedene)
- unverheiratete Frauen
- keine eigenen Karten für Untermieter – Eintragung ggfs. auf der Karte des Hauptmieters/-bewohners
- teilweise außerdem Erfassung von Daten zu Heirat und Tod
- Sortierung nach dem sog. phonetischen Alphabet (nach dem Klang des Nachnamens, unabhängig von der Schreibweise)
Auskünfte aus der Historischen Meldekartei kann man mit diesem Formular beantragen: landesarchiv-berlin.de/formulare/LAB-emk_dt_2020_dig.pdf
Wichtig zu wissen: Schon die Recherche ist kostenpflichtig, unabhängig vom Erfolg:
- 30,00 € pro gesuchter Person bei positivem Rechercheergebnis
- 10,00 € pro gesuchter Person bei negativem Rechercheergebnis
Auch für die Ausstellung und Zusendung von Kopien ist immer eine Gebühr zu entrichten. Alle Infos dazu findet man in der Gebührenordnung des Landesarchiv Berlin
Meine Erfahrung mit der Historischen Meldekartei: Ich stellte eine Anfrage für 8 Personen. Sie erbrachte genau einen einzigen Treffer – die ausführliche Meldekarte des Bruders meiner Oma, der ab 1927 in Berlin war – und kostete mich insgesamt rund 102 €. Ein stolzes Sümmchen. Aber einen Versuch war es allemal wert …
Bewohner Berlins aus der Zeit nach 1960 finden
Für Personen, die nach dem Jahr 1960 in Berlin gewohnt haben, finden sich die Melderegisterunterlagen im Normalfall beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) – dem zentralen Berliner Meldeamt.
Auf der Webseite Melderegisterauskunft einholen sind alle wichtigen Informationen dazu zu finden. Es gibt die einfache und die erweiterte Melderegisterauskunft. Genealogisch interessanter ist sicherlich die erweiterte Variante.
Achtung: Hier gibt es allerdings noch einige Fallstricke zu beachten hinsichtlich des Zeitpunktes des Wohnsitzes und eines eventuellen Wegzuges oder Todesfalls der gesuchten Person:
(1) Einwohner nicht länger als 5 Jahre verzogen oder verstorben
Für diese Personen kann man eine Auskunft aus dem aktuellen Einwohnerdatenbestand beantragen, das geht entweder als einfache Melderegisterauskunft oder als erweiterte Melderegisterauskunft.
(2) Person 55 Jahre oder kürzer verzogen oder verstorben (außer siehe (1) )
Für diese Fälle kann man eine Auskunft aus dem gesonderten Datenbestand gemäß § 13 Abs. 2 BMG beantragen. Auch dies geht entweder als einfache Melderegisterauskunft oder als erweiterte Melderegisterauskunft.
(3) Person länger als 55 Jahre verzogen oder verstorben
Für diese Fälle muß man eine Melderegisterauskunft nach Archivrecht beantragen. Die Unterlagen zur gesuchten Person sind größtenteils auch nur vorhanden, wenn sie vom Landesarchiv Berlin für archivwürdig erklärt worden sind.
Auf der Seite Melderegisterauskunft – Auskunft aus dem Archiv beantragen findet man alle Informationen für diese spezielle Form der Auskunft.
Direkt zum Formular dafür: Beantragung einer erweiterten Melderegisterauskunft nach Archivrecht
Tatsächlich erscheint der Zugang zu den Melderegisterdaten von Berlin wegen der vielen Bedingungen und Kriterien zunächst etwas verwirrend. Es hat auch bei mir ein Weilchen gedauert, bis ich mich auf den diversen Webseiten der verschiedenen Anlaufstellen einigermaßen zurechtgefunden habe. Im Zweifelsfall empfehle ich, bei Unklarheiten immer einfach direkt und konkret beim Landesarchiv anzufragen, ob und wo Meldedaten für bestimmte Konstellationen bei den infrage kommenden Jahren von Wohnsitz, Umzug, Tod o.ä. abgefragt werden können. Die Mitarbeiter sind wirklich sehr hilfsbereit.
Alle Anträge auf Melderegisterauskünfte beim LABO sind – bis auf die Abfrage von Daten zur eigenen Person (nach DSGVO) – kostenpflichtig und müssen vorab überwiesen werden:
- Einfache Melderegisterauskünfte je angefragte Person: 10,00 €
- Erweiterte Melderegisterauskünfte je angefragte Person: 15,00 €
- Auskunft nach Archivrecht (wenn Zugriff auf den Mikrofilm oder Karteiarchiv erforderlich): 30,00 €
Die Bearbeitung dauert nach Zahlungseingang dann noch einige Wochen. Ich z.B. habe meine Anträge per Post am 19. August 2023 abgeschickt. Mal sehen, wann ich Antwort bekomme…
Die ist der erste Teil meines Exkurses in die Familienforschung in Berlin. Im zweiten Teil – Ahnenforschung in Berlin: Sammelakten zu Personenstandsregistern im Landesarchiv Berlin – geht es weiter mit meinen Recherchen zu Sammelakten für Personenstandsregister im Landesarchiv Berlin. Soviel kann ich vorab schon verraten: Es war äußerst ergiebig!