Ahnenforschung in der Schweiz: Kirchenbücher aus Bern online
Anfang 2016 habe ich in meinem Artikel Ein heißer Tip: aus der Schweiz nach Ostpreußen von einem „heißen Tip“ eines Ahnenforschers berichtet, der mich für meinen ostpreußischen Vorfahrenzweig Peto auf eine Spur nach Bern in der Schweiz führte.
Jetzt – 1 Jahr später – begegnete mir auf diversen sozialen Netzwerkkanälen ein neugierweckender Hinweis: große Mengen Kirchenbücher der Gemeinden Berns aus der Zeit bis 1875 sind nun frei zugänglich ins Internet gestellt worden. Es handelt sich dabei um Digitalisierungen (pdf-Format) der Mikroverfilmungen aus den 1980-er und 1990-er Jahren, insgesamt 3.577 Kirchenbücher aus 177 Kirchgemeinden. Ein echter Gewinn für die Ahnenforschung in der Schweiz!
Zugänglich sind die Berner Kirchenbücher unter: be.ch/kirchenbuecher.
Schweizer Auswanderer nach Ostpreußen
Natürlich fiel mir gleich meine Spur nach Bern wieder ein. Und so gab mir der Artikel Anlaß, dieser Spur mal weiter nachzugehen. Mal schauen, ob sich irgendwelche relevanten Hinweise finden lassen.
Die einzigen Angaben, die ich bisher habe, sind:
- Person namens: Peto
- Beruf: Schneider
- Herkunft: Bern
- Jahreszahl: 1753
(Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung vom 6.10.1912)
Von der Startseite aus hangele ich mich durch den digitalen Archivalienbaum. Für die relevante Zeit – der Mitte des 18. Jh – sind nur 2 Quellen vorhanden:
- Heiliggeist-Gemeinde (1705-1875)
- Bumpliz (1736-1876)
Für die Heiliggeist-Gemeinde finde ich sogenannte Taufrodel und Eherodel – beides Wörter, die mir bisher noch nicht begegnet sind. Solche Tauf-, Ehe- und Totenrodel wurden von den Pfarrern von der Zeit der Reformation bis zum Inkrafttreten des Eidgenössischen Zivilstandsgesetzes (1876) geführt. Sie sind die Vorläufer der heutigen Zivilstandsregister in der Schweiz.
Taufrodel, Eherodel, Totenrodel
Den Taufrodel Nr. I aus den Jahren 1705 bis 1821 schaue ich mir genauer an. Wie erwartet sind die Einträge echt schwierig lesbar und beim ersten Durchblättern finde ich keinen Hinweis zu Peto oder Peteaux. Insgesamt sind auf den 25 Seiten überhaupt nur wenige Einträge pro Jahrgang.
Der 2. Teil – Taufrodel Nr. II (1705-1821) – ist viel umfangreicher und teilweise mindestens ebenso schwer zu lesen.
Irgendwann verläßt mich der Mut und ich breche das Entziffern ab. Bin ich überhaupt auf der richtigen Fährte? Weder kenne ich Konfession noch Gemeinde des Schneiders Peto. Ich habe sogar die Vermutung, daß er angesichts des französisch anmutenden Nachnamens vielleicht eher der französischen Kirche von Bern zugeordnet war. Von dieser gibt es jedoch nur Kirchenbücher aus dem Zeitraum 1822 bis 1875. Nun müßte ich mich eigentlich erst einmal mit den Kirchengemeinden Berns auseinandersetzen. Ein wenig mehr Kontext … So ist es ja meist: Kaum hat man eine neue Spur aufgenommen, tauchen Fragen über Fragen auf. Und man müßte doch eigentlich auch …
Ich entscheide mich, die Kirchenbuchlektüre erst einmal zu vertagen. Zum einen möchte ich versuchen, mich von den letzten mir sicher bekannten Vorfahren namens Peto auf der Zeitachse weiter rückwärts zu hangeln.
Zum anderen scheint das Thema Schweizer Auswanderer nach Ostpreußen durchaus größere Kreise zu ziehen. Jedenfalls finde ich auf Anhieb zahlreiche Beiträge dazu in diversen Ahnenforschungsforen. Also, genug Lesestoff, um den historischen Kontext besser zu verstehen. Und dorthin tauche ich jetzt einfach mal ab …
Mein Vorfahrenzweig Peto:
- Agnes Katharina Johanna Peto (meine Ururgroßmutter): * 1857 Königsberg + 1928 Berlin
- Carl Heinrich Hermann Peto: * 1831 Königsberg + ??
- Johann Carl Peto: * ca. 1807 + ??
- Anna Maria Dorothea Margarete Lindenau: * ca. 1810 + ??
- Wilhelmine Elisabeth Dorban(d)t: * 1833 + ??
- Carl Heinrich Hermann Peto: * 1831 Königsberg + ??
Bildnachweise:
- Screenshot – Übersicht Kirchenbücher Staatsarchiv Bern: http://www.query.sta.be.ch/archivplansuche.aspx?ID=37
Die Familie „Peto“ war vielleicht irgendwo im Kanton Bern ansässig, aber der Heimatort ist ganz woanders. Die Kenntnis dieses Heimatortes ist für die Ahnenforschung in der Schweiz der Zauberstab, der die Türen zu Quellen zurück ins 16. Jahrhundert öffnet. Zur Geschichte dieses schweizerischen „Kuriosums“ Heimatort (=Bürgerort) siehe : https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerort
Ist der Heimatort nicht bekannt, muss diese Stecknadel erst im berühmten Heuhaufen ausfindig gemacht werden. Der erste Schritt ist deshalb der Blick ins Familiennamenbuch der Schweiz. http://www.hls-dhs-dss.ch/famn/index.php
Der Name Peto ist aussergewöhnlich, was natürlich günstig ist: In den Kantonen Neuenburg und Wallis existiert der Familienname Petoud/Pethoud. Vielleicht eine neue Spur?
Vielen Dank für den wichtigen Hinweis. Ja, dieser Bürgerort/Heimatort ist wirklich einzigartig.
Und wenn ich irgendwann der Schweizer Spur mal wieder nachgehen werde, muß ich das unbedingt im Hinterkopf behalten.
Wie ich im Beitrag https://welt-der-vorfahren.de/2016/01/ein-heisser-tip-aus-der-schweiz-nach-ostpreussen/ geschrieben habe, gibt es den Hinweis auf den ursprünglichen Familiennamen „Peteaux“. Der scheint ja zum Glück auch eher ungewöhnlich zu sein.
Im schweizerischen Sprachgebrauch spricht bei den Kirchenbüchern häufig von so genannten Rodeln; also genauer gesagt sind es Taufrodel, Eherodel und Sterberodel. Der allgemeine, deutsche Sprachgebrauch kennt das Wort Rodel nicht. Nur der schweizerisch-deutsche Sprachbereich kennt dieses Wort. Das Wort Rodel gibt es in zwei Bedeutungen: Schlitten und Liste. In beiden Bedeutungen liegt die Betonung des Wort auf dem ersten Vokal: Rodel. Zudem ist das Geschlecht beider Varianten gleich: maskulin. Obwohl beide Varianten grammatisch gleich geschrieben und gesprochen werden, sind sie in ihrer Bedeutung vollkommen unterschiedlich.
Der Rodel mit der Bedeutung Schlitten kennen wahrscheinlich einige noch. Man findet das Wort auch in anderen Wörtern wie Rodelbahn oder rodeln. Das Wort Rodel hat seinen Ursprung im Oberdeutschen-schweizerischen rotteln, was soviel wie rütteln und schütteln bedeutet.
Die andere Bedeutung des Rodels im Sinne einer Liste ist eigentlich nur dem schweizerisch-deutschen Sprachbereich vorbehalten. Dort liegt die Herkunft des Worts im lateinischen rotula mit der Übersetzung als Rolle – im Sinne einer Rolle, an der ein wichtiges Dokument befestigt und umwickelt ist.
Danke, sehr interessant! Frei nach dem Motto „again what learnt“ freut sich da mein Linguistinnenherz sehr!